Tipps von Carole Hervé, IBCLC-Laktationsberaterin
Mastitis kann für viele stillende Mütter äußerst belastend sein: starke Schmerzen, Fieber, Sorgen um den weiteren Stillverlauf … Dabei lassen sich die meisten Mastitiden bei guter Begleitung behandeln, ohne das Stillen abbrechen zu müssen.
Um mit Mythen aufzuräumen und verlässliche Orientierung zu geben, teilt Carole Hervé, IBCLC-zertifizierte Laktationsberaterin sowie Autorin, Ausbilderin und Referentin, hier zentrale Informationen aus ihrer Erfahrung und ihren Veröffentlichungen. Weitere Ressourcen finden Sie auf ihrer offiziellen Website.
Inhalt
- Was ist eine Mastitis?
- Erste Warnzeichen
- Die häufigsten Ursachen
- Mastitis oder verstopfter Milchgang?
- Praktiken, die man heute vermeiden sollte
- Soll das Kinn des Babys zur entzündeten Stelle zeigen?
- Fehler, die Sie vermeiden sollten
- Wie man eine Mastitis konkret gut behandelt
- Die Rolle eines bügellosen BHs
- Mama Hangs Lingerie – Komfort während der Stillzeit
- Referenzen und Ressourcen
Was ist eine Mastitis?
Sie wachen mit einer schmerzhaften, heißen, geschwollenen Brust auf und haben das Gefühl, an Grippe oder COVID erkrankt zu sein. Sie haben Fieber, Schüttelfrost und sorgen sich, dass Ihr Stillen in Gefahr ist. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Mastitis.
Mastitis ist eine Entzündung der Brust, manchmal – aber nicht immer – mit einer Infektion verbunden. Sie ist das Ergebnis eines Kontinuums:
- einer nicht gelinderten Brustdrüsenschwellung, die sich zu einem verstopften Milchgang entwickelt,
- danach zu einer entzündlichen Mastitis,
- und in manchen Fällen zu einer infektiösen Mastitis, insbesondere wenn eine Eintrittspforte für Keime (z. B. eine infizierte Rhagade) über mehrere Tage nicht behandelt wurde.
Ihr Stillen ist nicht „gescheitert“, nur weil Sie eine Mastitis haben. Es ist nicht Ihre Schuld. Ihr Körper signalisiert Ihnen, dass eine Anpassung nötig ist. Und auch wenn die Schmerzen so stark sind, dass man am liebsten alles hinschmeißen würde, ist Besonnenheit entscheidend: Zuerst gilt es, die Entzündung einzudämmen, bevor Sie – falls gewünscht – weitere Entscheidungen treffen.
Erste Warnzeichen
Noch bevor Fieber auftritt, beginnt eine Mastitis oft mit:
- einem empfindlichen, schmerzhaften Bereich der Brust,
- einer lokal verhärteten Stelle,
- geröteter und wärmerer Haut,
- Unwohlsein beim Stillen.
Legen Sie Ihr Baby häufiger als gewohnt an, wenden Sie vor dem Stillen sanfte Wärme und danach Kälte an, wenn es Ihnen guttut (viele Mütter empfinden Wärme als angenehmer). Oft zeigt sich innerhalb von 24 Stunden eine deutliche Besserung.
Wenn Sie bereits bei diesen ersten Anzeichen reagieren, lässt sich häufig eine Verschlimmerung mit Fieber und Antibiotika vermeiden.
Die häufigsten Ursachen
Mastitis entsteht nicht ohne Grund. Sie hängt fast immer mit einer unvollständigen Entleerung der Brust zusammen.
Zu den häufigsten Ursachen zählen:
- eine ungünstige Stillposition (die Brust wird nicht gut entleert),
- zu große Abstände zwischen den Still- oder Abpumpzeiten (nicht länger als 6 Stunden),
- Druck auf die Brust (Bügel, Taschenriemen, Bauchlage im Schlaf),
- Rhagaden an der Brustwarze, die das Eindringen von Bakterien begünstigen.
Häufig hört man, „Stress blockiert die Milch“ oder „Müdigkeit verursacht Fieber“ – das ist falsch. Stress und Erschöpfung verursachen keine Mastitis, auch wenn sie das Stillen weniger effektiv machen können.
Mastitis oder verstopfter Milchgang?
Ein verstopfter Milchgang ist wie eine blockierte Nebenstraße: Die Milch fließt schlechter, die Entzündung bleibt lokal begrenzt. Man spürt einen harten, schmerzhaften Knoten, meist ohne Fieber. Verbessert sich der Abfluss, verschwindet das Problem schnell.
Bei einer Mastitis sind die Beschwerden intensiver: eine rote, heiße, schmerzhafte Stelle, oft begleitet von Fieber und Krankheitsgefühl – ein Zeichen für eine weiter fortgeschrittene Entzündung.
Praktiken, die man heute vermeiden sollte
Lange Zeit wurden Maßnahmen empfohlen, die heute als zu aggressiv gelten – z. B. starkes Massieren der Brust, Abbinden oder weniger trinken.
Klar gesagt:
- Massieren Sie die Brust nicht brutal – das kann die Entzündung verschlimmern.
- Tragen Sie keinen engen BH oder Verband – Druck verstärkt das Ödem.
- Vergrößern Sie nicht absichtlich die Stillabstände.
- Verzichten Sie nicht auf das Abpumpen, wenn Ihr Baby nicht ausreichend trinkt.
- Haben Sie keine Angst vor „Überproduktion“ – meist passiert eher das Gegenteil.
- Nehmen Sie keine Antibiotika oder Entzündungshemmer in Eigenregie ein.
Setzen Sie stattdessen auf sanfte, feuchte Wärme: ein warmes, feuchtes Tuch, eine warme Dusche vor dem Stillen oder eine mit warmem Wasser gefüllte Windel helfen, den Milchfluss anzuregen, ohne das Gewebe zu reizen.
Soll das Kinn des Babys zur entzündeten Stelle zeigen?
Früher wurde häufig empfohlen, die Stillposition so zu verändern, dass Kinn oder Nase des Babys zur schmerzhaften Stelle zeigen.
Studien zeigen jedoch keine belastbaren Beweise dafür, dass dies die Heilung beschleunigt. Entscheidend sind häufiges, entspanntes Stillen sowie die Reduktion von Milchstau und Entzündung – nicht das gezielte „Leeren“ eines einzelnen Gangs.
Sie müssen sich also nicht verrenken, damit das Kinn exakt auf die rote Stelle zeigt. Wichtig sind Ihr Komfort und eine effektive Stillmahlzeit.
Fehler, die Sie vermeiden sollten
- so starkes Massieren, dass blaue Flecken entstehen,
- Stillabstände vergrößern,
- abruptes Abstillen,
- Antibiotika ohne ärztliche Begleitung einnehmen.
Wie man eine Mastitis konkret gut behandelt
- Stillen Sie weiter – am besten häufig („Open-Bar-Modus“).
- Vor dem Stillen: sanfte, feuchte Wärme.
- Nach dem Stillen: Kälte, wenn es angenehm ist.
- Pumpen Sie ab, wenn Ihr Baby nicht effektiv trinkt.
- Schonen Sie sich, trinken Sie ausreichend und ruhen Sie sich nach dem Entleeren der Brust aus.
- Hält das Fieber an oder bestehen infizierte Läsionen, suchen Sie medizinischen Rat.
Die Rolle eines bügellosen BHs
Oft unterschätzt, aber wichtig: Ein weicher, gut sitzender BH ohne Bügel reduziert Druckpunkte auf der Brust und senkt das Risiko verstopfter Milchgänge. Er sollte stützen, ohne einzuengen. Nachts ist das Tragen eines BHs nicht notwendig.
Mama Hangs Lingerie – Komfort während der Stillzeit
Bei Mama Hangs haben wir Still-BHs und Bustiers entwickelt, die sich an Ihre Bedürfnisse anpassen:
- Weiche, elastische und atmungsaktive Materialien
- Kein Druck – keine Kompression der Brust
- Integrierte Saugschicht bei Milchleckagen
- Komfort bei Tag & Nacht, auch bei Hyperlaktation
Referenzen und Ressourcen
- Academy of Breastfeeding Medicine. Protocol #36: The Mastitis Spectrum, Revised 2022
- WHO/UNICEF. Ten Steps to Successful Breastfeeding
- Amir LH. ABM Clinical Protocol #4: Mastitis. Breastfeeding Medicine, 2014
- Wilson E, Woodd S, Benova L. (2020) Incidence of and risk factors for lactational mastitis
- Douglas P. Does the Academy of Breastfeeding Medicine’s Clinical Protocol #36 promote overtreatment? Int Breastfeed J. 2023
